Seitdem das Gendersternchen in die Verwaltungssprache Hannovers Einzug gehalten hat, wurden fast im Wochentakt Anträge in den Rat der Stadt Hannover eingebracht, diese Vorgabe oder gleich das ganze Gleichstellungsbüro wieder abzuschaffen. Die Gründe hierfür sind vielfältig, die AfD zum Beispiel hat mehrfach im Rat verkündet, dass die Gleichstellung bereits erreicht sei und das Gleichstellungsbüro daher überflüssig. Wiederum andere sehen sich als Mann durch ein Gleichstellungsbüro für Frauen diskriminiert. Alles in allem kann man sich schon fragen, warum sich gerade einer der Bereiche innerhalb der Verwaltung, der gegen Diskriminierung in der Gesellschaft und auch in der Verwaltung kämpfen und wirken soll, eigentlich der meisten Diskriminierung ausgesetzt ist.

Wir haben also mal wieder ein bisschen recherchiert (bisherige Recherchen finden sich hier und hier) und tragen hier nun kommentarlos zusammen, wer wann welche Einträge gegen Gleichstellung oder gleich gegen das gesamte Gleichstellungsbüro eingereicht hat (und das mit der Diskriminierung nicht so ganz verstanden hat):

Drucksachen zur Auflösung des Gleichstellungsbüros:
Drucksachen
Nummer
Art Titel Inhalt Fraktion
1691/2018 Antrag Auflösung des Gleichstellungsausschusses in der Landeshauptstadt Hannover „….. . Zudem vertraue ich darauf, dass sich alle unsere ehrenamtlichen Politiker für die Gleichstellung von Mann und Frau einsetzen werden. Die Zeit der Diskriminierung von Frauen im öffentlichen Dienst ist vorbei. So sind beispielsweise 70% aller Lehrkräfte weiblich.“ Einzelvertreter Braune (Ex-AfD)
0409/2019 Antrag Verkleinerung des Gleichstellungsreferats „An der Erarbeitung der am 18. Januar 2019 herausgegebenen neuen „Empfehlung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ war dieses Referat maßgeblich beteiligt. Diese Empfehlungen sind undurchdacht, unlogisch, kompliziert, teils absonderlich und lächerlich, sie erschweren die Kommunikation und erhöhen den bürokratischen Aufwand, sie sind nicht nur komplett überflüssig, sondern schädlich. Ein Referat, das sich mit derlei Unfug beschäftigt, ist ganz offensichtlich nicht ausgelastet – und scheint deshalb Auslastung nur vortäuschen zu wollen.“ AfD
0516/2019 Anfrage Anfrage zur Gleichstellungsbeauftragten „Seit einigen Jahren gibt es die Gleichstellungsbeauftragten auch bei der Landeshauptstadt Hannover. Gleichstellungsbeauftragte können wider der Wortbedeutung nur Frauen werden und keine Männer. Männer sind per Geschlecht von der Bewerbung ausgeschlossen. Die Landeshauptstadt setzt sich nun auch für das Geschlecht „Divers“ ein. Vor diesem Hintergrund frage ich die Verwaltung:Können Menschen mit dem Geschlecht „divers“ Gleichstellungsbeauftrage werden? Bitte mit Begründung.

Können Männer die vorher Frauen waren, nun sich homosexuell orientieren
Gleichstellungsbeauftragte werden ? Bitte mit Begründung.

Dürfen Frauen die vorher Männer waren, sich aber heterosexuell orientieren Gleichstellungsbeauftragte werden ? Bitte mit Begründung.“

Einzelvertreter Braune (Ex-AfD)
H-0588/2019 Haushaltsantrag Produkt: 11140 Gleichstellungsangelegenheiten „Bei dem Referat für Frauen und Gleichstellung handelt es sich um einen künstlich aufgeblähten Bereich, der sowohl für die Bürger Hannovers als auch für die bei der LHH Beschäftigten wenig Mehrwert schafft. So hat es sich das Referat zur ideologischen Aufgabe gemacht, die Lehre von einer Welt mit mehr als zwei Geschlechtern zu verbreiten.(…) Verabschiedet man sich im Rahmen des Produktziels von den o.g. ideologisch aufgebauschten Scheinproblemen, bleibt für eine sinnvolle Betätigung des Referats nur die Arbeit in Bezug auf häusliche Gewalt und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Da beide Themenfelder allerdings bereits umfassend vom Sozialdezernat und den Personalräten bedient werden, dürfte die eine gesetzlich vorgeschriebene Gleichstellungsbeauftragte genügen, um die im Referat verbleibenden Aufgaben auskömmlich zu erledigen. „ AfD
H-0036/2019 Haushaltsantrag Produkt: 11140 Gleichstellungsangelegenheiten – Reduzierung der vorhandenen Stellen im Referat für Frauen und Gleichstellung siehe oben (nach Ablehnung im zuständigen Ausschuss können Haushaltsanträge trotzdem erneut in die finale Haushaltssitzung der Ratsversammlung eingebracht werden) AfD
H-0377/2017 Haushaltsantrag Produkt: 11140 Gleichstellungsangelegenheiten,
Ansatzkürzung
„Bei dem Referat für Frauen und Gleichstellung handelt es sich um einen künstlich aufgeblähten Bereich, der es sich u.a. zur ideologischen Aufgabe gemacht hat, die Lehre von einer Welt mit mehr als zwei Geschlechtern zu verbreiten(…)“ AfD
H-0205/2016 Haushaltsantrag Produkt: 11140 Gleichstellungsangelegenheiten „Die Verwaltung wird aufgefordert, aus dem Produkt des Gleichstelllungsausschusses gemäß DS 1719/2015 N1m Anlage 1, im Sinne einer Aufgabekritik durch Ertragssteigerung oder Aufwandsreduzierung 100.00 € als Beitrag zum Haushaltsausgleich zu erreichen. Hierbei sind verschiedene Varianten aufzuzeigen.(…)“ CDU
H-0054/2016 Haushaltsantrag Produkt: 11140 Gleichstellungsangelegenheiten „Die Verwaltung wird aufgefordert, aus dem Produkt des Gleichstelllungsausschusses gemäß DS 1719/2015 N1m Anlage 1, im Sinne einer Aufgabekritik durch Ertragssteigerung oder Aufwandsreduzierung 100.00 € als Beitrag zum Haushaltsausgleich zu erreichen. Hierbei sind verschiedene Varianten aufzuzeigen.(…)“ CDU
H-0182/2015 Haushaltsantrag Produkt: 11113 Gleichstellungsangelegenheiten Ertrag/Aufwand: Einsparungen durch Synergieeffekte „Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, inwieweit durch Synergieeffekte – mittels Überprüfung der Arbeiten im Gleichstellungsreferat und Schnittstellen in andere Fachbereiche sowie der durch Zuwendungen geförderte Einrichtungen im Stadtgebiet – Einsparungen erzielt werden können.“ CDU
H-0181/2015 Haushaltsantrag Gleichstellungsangelegenheiten „Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, inwieweit durch Synergieeffekte zwischen dem Gleichstellungsreferat der Stadt und der Region Hannover Einsparungen erzielt werden können.“ CDU
H-0057/2015 Haushaltsantrag Produkt: 11113 Gleichstellungsangelegenheiten Ertrag/Aufwand: Einsparungen durch Synergieeffekte „Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, inwieweit durch Synergieeffekte – mittels Überprüfung der Arbeiten im Gleichstellungsreferat und Schnittstellen in andere Fachbereiche sowie der durch Zuwendungen geförderte Einrichtungen im Stadtgebiet – Einsparungen erzielt werden können.“ CDU
1442/2011 Anfrage Anfrage Gleichstellungspolitik in Hannover „Wie versteht man in Hannover das Referat für Frauen und Gleichstellung? Werden die Probleme von (benachteiligten) Männern dort wirklich genauso behandelt wie die von Frauen? Gibt es hierzu Zahlen, Beispiele oder sonstige Statistiken?(…)
In Hannover gibt es lt. Hannover.de 3 weibliche Gleichstellungsbeauftragte, sowie die Leiterin des Referats für Frauen und Gleichstellung. Wie denkt die Verwaltung über eine Umbesetzung des Referats für Frauen und Gleichstellung, sodass es dann in Zukunft neben 2 weiblichen auch einen männlichen Gleichstellungsbeauftragten geben würde?“
Einzelvertreter Böning (Die Hannoveraner)

 

Drucksachen zur geschlechtergerechten Sprache:
Drucksachen
Nummer
Art Titel Inhalt Fraktion
1779/2019 Antrag Antrag der AfD- Fraktion zu
„Keine Halal-Messe in Hannover“
„Es ist schon peinlich und schmerzhaft genug für Hannover, eine zukunftsorientierte IT-Messe zu verlieren, die der Stadt internationalen Glanz in der Fachwelt verlieh. Nachdem sich Hannover mit der „Empfehlung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ auch noch bundesweit zum Gespött machte, droht jetzt die nächste Schmach – ab 2020 darf sich die Stadt rühmen, im Mittelpunkt der Islamisierung und des Halal-Diktats zu stehen.“ AfD
0290/2019 Antrag Antrag der Fraktion Die Hannoveraner zur Rücknahme der Empfehlung für eine „geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ „Die Entscheidung der Verwaltung, eine Vorreiterrolle in gendergerechter Sprache einzunehmen, sorgt bundesweit für Häme, Spott und vor allem für massive Kritik. (…) Sie ist ein Bruch mit allen bisher geltenden Sprachregeln.“ Die Hannoveraner
0410/2019 Antrag Antrag der AfD-Fraktion zur Rücknahme „Empfehlung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ „Die Empfehlung steckt voller Kuriositäten, Absurditäten, voller Unlogik, sie verletzt das Sprachgefühl gröblich – und auch die Rechtschreibregeln. (…) Hannover hat sich mit diesem Fehlgriff bundesweit zum Gespött gemacht. In zahlreichen Medien wurden Kübel von Hohn und Häme vergossen. Die Auswirkungen auf das Image Hannovers sind verheerend. (…) Die Politik entfremdet sich weiter vom „normalen Bürger“, sie kapselt sich weiter in ihrer links-grün-feministischen Blase ab. (…).“ AfD
0852/2019 Antrag Antrag der CDU-Fraktion zur neuen Regelung der Stadtverwaltung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache „(…)Ein Umdenken oder gar ein Abstellen realer Ungleichberechtigungen hat eine Sprachreglung „von oben“ noch nie bewirkt — im Gegenteil, Versuche in diese Richtung waren eher unselig. Zudem darf sich Verwaltungssprache nicht zu sehr von der Alltagssprache der Menschen entfernen, wenn sie gehört und verstanden werden will. Dieser Auffassung hat sich auch der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen öffentlich angeschlossen. Diesem Geist entspringt auch der Versuch der Verwaltung, durch sogenannte „einfache Sprache“ möglichst viele Einwohnerinnen und Einwohner zu erreichen. Dieser gute Ansatz wird durch die vorgelegte Regelung aus unserer Sicht konterkariert. Zudem besteht mit der Regelung die Gefahr, erneut Menschen auszugrenzen, die sich hinter diesen Sprachreglungen nicht versammeln können oder wollen. Somit würden Ungerechtigkeiten nicht nur bemäntelt, sondern unter Umständen sogar zementiert.“ CDU
Und der Vollständigkeit halber hier die jeweils vorgesehen Haushaltsmittel für das Gleichstellungsbüro:
Jahr Mittel in €
2020 3.028.000 € (+21,1%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 2.448.686.000 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,12%

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2019 2.501.000 € (+19,5%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 2.402.306.000 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,10%

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2018 2.093.000 € (+1,8%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 2.240.977.000 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,09%

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2017 2.056.000 € (+ 12,6%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 2.216.789.000 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,09%

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2016 1.825.375 € (+14,4%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 2.114.122.263 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,09%

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2015 1.595.290 € (+6,6%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 1.894.426.718 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,08%

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2014 1.496.637 € (+5,3%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 1.775.583.524 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,08%

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2013 1.421.729 € (+5,4%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 1.717.279.564 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,08%

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2012 1.355.642 € (+4,9%)
Gesamthöhe Aufwendungen: 1.634.118.810 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,08%

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2011 1.347.646 € (+0,59 %)
Gesamthöhe Aufwendungen: 1.605.997.448 €
Somit Anteil Gleichstellungsbüro: 0,08%

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Und weil das alles etwas trocken war, werden wir in einem weiteren Post die Highlights aus der aktuellen Stunde zur geschlechtergerechten Sprache aus der Ratssitzung im Februar posten, sobald das Protokoll verabschiedet und veröffentlicht wurde!