Wie im ersten Teil unserer Best-Ofs mitgeteilt, posten wir nun endlich den zweiten Teil der absoluten Highlights der „Aktuellen Stunde zur geschlechtergerechten Sprache“ vom 28.02.2019. Das Protokoll ist übrigens für jeden öffentlich hier>> einsehbar.
Nach den Grünen kam dann Adam Wolf. Der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei in Hannover und der REGION vertrat die Piraten und die Linken am Redepult.
Ratsherr Wolf (Gruppe DIE LINKE & PIRATEN) (…) Im Jahr 2017 habe der Duden Verlag den Ratgeber „richtig gendern“ herausgegeben. In dem Werk würde (…) es Hilfestellungen dabei geben, wie diskriminierungsfreie, gendergerechte Sprache in der Textverarbeitung umgesetzt werden könne. Ratsherr Wolf konstatierte, dass die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover mit ihren Empfehlungen den Schritt in die richtige Richtung gegangen sei. (…) Ratsherr Wolf bemerkte zum Abschluss, dass Frauen unsichtbar würden, da diese im generischen Maskulinum nicht repräsentiert würden. Mit dem Gender Stern würde die Sprache gendergerecht. (…)
Danke Adam! Das waren doch ganz gute, progressive Ansichten. Naja, anscheinend war das zu viel des Guten, denn als nächster kam der ehemalige Führer Vorsitzende der Jungen Alternative, Sören Hauptstein! In seiner Rede sprach er von der angeblich bereits erreichten Gleichberechtigung in Deutschland und anderen AfDlerischen Quatsch.
Beigeordneter Hauptstein (AfD) zeigte sich erfreut darüber, dass über gendergerechte Sprache diskutiert würde. Denn nichts würde eindrucksvoller zeigen, dass man eigentlich schon wahre Gleichberechtigung in diesem Lande erreicht habe1 und dass man sich in den Gleichstellungsbüros dieses Landes nur noch damit beschäftige, künstliche Beschäftigungsmaßnahmen zu tätigen, um den eigenen Job sichern zu können. Beigeordneter Hauptstein wiederholte die Forderung der AfD-Fraktion aus den Haushaltsplanberatungen, wonach sich das Gleichstellungsreferat der Stadtverwaltung in Hannover auf die eine gesetzlich vorgeschriebene Stelle reduzieren möge. Beigeordneter Hauptstein machte deutlich, dass man so viele, intelligente, kluge, hochqualifizierte, starke Frauen in der Stadtverwaltung Hannovers habe, die Hervorragendes leisten würden.2 Diese Frauen würden von den Gender- und Gleichstellungsbeauftragten insofern diskreditiert, indem diesen immer wieder suggeriert würde, dass sie besondere Fördermaßnahmen benötigen würden, um genau das gleiche leisten zu können wie Männer. Diese Frauen hätten im Übrigen auch Schulen besucht und würden wissen, was das generische Maskulinum sei3 . Diese würden ebenfalls wissen, dass sie gemeint wären, wenn es um Mitarbeiter, Kollegen und Angestellte gehe. Vielmehr würde man die Intelligenz der Frauen beleidigen4 , wenn man behaupten würde, dass diese sich nicht angesprochen fühlten, wenn man diese Begriffe benutze.
1 NEIN. Das Gegenteil wird immer wieder von Zahlreichen Studien und Umfragen belegt.
2 Man könnte auch die Frage stellen, warum es in der AfD so gut wie gar keine Frauen gibt höhö
3 das kann durchaus sein, trotzdem verhindert das generische Maskulinum eine gendergerechte Sprache
4 er beleidigt unsere Intelligenz zutiefst
Ein Ticken erbärmlich war das schon… Naja, jetzt zur FDP-Rede. Dafür, dass sich die FDP als tolle Frauenfördererin proklamiert, war Dörings Rede irgendwie seltsam.
Ratsherr Döring (FDP) (…) bemerkte, dass man zu der Auffassung gelangen könnte, dass die Diskussion der Sache insgesamt mehr schade als nütze, wenn man nicht auf eine, durch die Anerkennung des dritten Geschlechts durch das Bundesverfassungsgericht legitimierte, zwanghafte Neutralisierung1 von Substantiven und eine Durchpartizipierung von Wörtern verzichten würde. Am Ende könnte es sein, dass die Auseinandersetzung mit den Sternchen und anderen Verrenkungen für viele schon als Begründung dafür ausreichen könnte, um sich nicht mit den wirklichen Problemen* der Ungleichbehandlung auseinandersetzen zu müssen. Ratsherr Döring unterstrich, (…) dass die Schriftsprache und das gesprochene Wort nicht zu weit auseinanderdriften dürften.2
1 nicht neutral, GERECHT
2 ist das nicht ein Argument eben FÜR die Sprache?
Der mittlerweile fraktionslose Tobias Braune (Ex-AfDler, Ex-Hannoveraner, Christ) setzte fort, mit zahlreichen absurden Behauptungen, die fast zu realsatirisch klangen, um wahr zu sein.
Ratsherr Braune führte aus,(…) Die Gender Sprache solle den eigenen Mangel an Identität ausgleichen. Dabei wirke diese gegenüber dem Maskulinum, sprachlich wie auch in der Realität, diskriminierend1. (…) Da sie dann für alle gelten solle, sei das ein sprachlicher Missbrauch an der Gesellschaft2. Dabei sei die Basis des Gender eher eine Pseudowissenschaft und als Glaubensgemeinschaft einzustufen. Gender müsse als Teil einer intellektuellen Gesamtentwicklung gesehen werden, die die gesellschaftlichen Gruppen in Opfer*innen und Täter*innen einteile, sodass dadurch ein totales Gleichstellungsangebot abgeleitet würde. (…) Wie man es auch drehe und die Sprache verbiege, es gehe immer um Identität. Denn David Berger habe ausgeführt, dass auch Homo3– oder Transsexualität nur ein Konstrukt wäre, wenn Geschlecht nur ein gesellschaftliches oder vom eigenen Willen abhängiges Konstrukt sei.
1 sorry, WAS?
2 nochmal, WAS?
3 eben nicht. Sie sind eine ganz normale Ausprägung der sexuellen Orientierung, auch in der Tierwelt vorhanden
Zu guter letzt kam Frau Kämpfe, unsere Gleichstellungsbeauftragte, die auf wichtige Punkte wie zum Beispiel die Relevanz der Empfehlungen oder die Alternativen einer geschlechtsumfassenden Formulierung einging. Hierbei nannte sie auch Formalien, die zu beachten sind und schloss die Rede mit einem Zitat ab.
Frau Kämpfe (Gleichstellungsbeauftragte) erläuterte, dass sich nach § 85 Abs. 3 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz ergäbe, dass ein Beschluss des Rates für diese Empfehlungen nicht notwendig sei. Frau Kämpfe führte weiter aus, dass zukünftig geschlechtsumfassende Formulierungen verwendet werden sollten. Wenn eine geschlechtsumfassende Formulierung nicht möglich sei, wäre der Gender Star zu verwenden. Die persönliche Ansprache bliebe individuell. Dem Referat für Gleichstellung sei bekannt, dass es an manchen Stellen nicht möglich sei, geschlechtsumfassend zu formulieren, weil eine geschlechtsumfassende Anrede den Sinn verändern könnte oder die Zielgruppe, die angeschrieben werden solle, diese noch nicht akzeptiere. Frau Kämpfe wies darauf hin, dass an diesen Stellen von der Empfehlung abgewichen werden könnte. Der verbindliche Kern sei, dass sich die Landeshauptstadt Hannover als öffentliche Verwaltung gemeinsam darum bemühe, geschlechtsumfassend zu formulieren. Frau Kämpfe sagte zum Abschluss, dass man die Empfehlungen unter dem Leitsatz: „Sprache sei vom Denken geprägt und Sprache präge das Denken“, erstellt habe.
Das war doch eine spannende Aktuelle Stunde. Auf eine geschlechtergerechtere, inklusivere Sprache bleibt es noch zu hoffen.
Unsere Rede findet sich übrigens hier und den Stein des Anstoßes, den Flyer „FÜR EINE GESCHLECHTERGERECHTE VERWALTUNGSSPRACHE“ findet man hier oder als Direktdownload (pdf) hier!