Premiere!
Zum ersten Mal tagt der Rat im Kuppelsaal des HCC, Deutschlands größtem klassischen Konzertsaal. Abstände sind also theoretisch garantiert! Fun Fact: trotzdem waren sie für die meisten geringer als in der Glashalle, wo bisher Corona-konform getagt wurde.
Die Sitzung fand somit nicht nur an einem historischen Ort statt, sie war auch historisch lang: über 6 Stunden wurde getagt (auch dieser Blogbeitrag wird historisch lang!). Hier die gekürzte Aufzeichnung von h1 >> sowie die ungekürzte Aktuelle Stunde >>.
Zu Beginn wurde nochmal darauf hingewiesen, dass Hannovsie nicht Kulturhauptstadt 2015 geworden ist.
Ratsvorsitzender Hermann, Bürgermeister und sPD Ratsherr, ließ es sich nicht nehmen, eine Spitze gegen OB Onay abzufeuern. Der hatte nämlich am Tag der Verkündigung der Kulturhauptstadt 2025 die Politik ausgeladen. Das fand die Politik und an vorderster Front Hermann ziemlich daneben:
Hier also >> bedankt er sich erst einmal brav bei allen Beteiligten und gratuliert Chemnitz zum Sieg.
Meckern tut er erst hier >>, denn er betont, dass die Initiative zur Bewerbung für die Kulturhauptstadt 2025 ja überhaupt erst aus der Ratspolitik kam (hier der interfraktionelle Antrag >>), und das war wiederum zu einem Zeitpunkt, als Onay noch im Landtag saß und mit der Stadtpolitik wenig zu tun hatte. Und dass das medial natürlich auch gar nicht wirklich beachtet wurde 🙁
Dann wurde über die Dringlichkeit von 27 Dringlichkeitsanträgen abgestimmt, und zwar ging es speziell um:
- die Resolution für die Freilassung von LHH Mitarbeiterin Yüksel Weßling >> (unser Ratsherr Förste spricht zur Dringlichkeit des Dringlichkeitsantrags dazu wie folgt >>), Dringlichkeit angenommen
- Dringlichkeitsanträge zum Thema Obdachlosigkeit von der CDU (Dringlichkeit angenommen)
- unser Dringlichkeitsantrag zum Thema Obdachlosigkeit (Dringlichkeit angenommen, Rede zur Dringlichkeit hier >> und mehr dazu später im Text)
- Drölftausend weitere Anträge von Ex-AfD-Gender-Hasser-Missionar-Christ-undjetztauchnochSchwurbler-Ratsherr Braune: Abelehnt
Damit wurde die Tagesordnung beschlossen. Danach müssen dann immer noch alte Protokolle beschlossen werden. Wir erinnern daran: es gibt in Hannover keine Wortprotokolle, sondern Inhaltsprotokolle. Die AfD stimmt deshalb seit Einführung des Leitfadens für geschlechtergerechte Sprache immer gegen das Protokoll, weil ihre Äußerungen dort gegendert werden. Auch diesmal wieder, aber hört selbst>> (LOL).
In einer kleinen Randnotiz >> wird von h1 der Antrag erwähnt, mit dem der der Rat nun doch ein FREIBAD fürs Fössebad beschlossen hat. Auch diese Tatsache wurde medial KOLOSSAL vernachlässigt (ähnlich wie die Politiker*innen, die die Bewerbung zur Kulturhauptstadt ja erst angeschoben und damit möglich gemacht haben).
Das in der Drucksache >> nun ein Freibad beschlossen wurde, ist vor allem interessant, weil ein Freibad 2017, als es erstmals um den Neubau des Fössebades ging, nicht vorgesehen war. In unseren ersten Blog Beiträgen haben wir uns eingehender damit beschäftigt (zum Beispiel hier im Jahresrückblick 2017 >> ), wer das nicht lesen möchte, dem sei gesagt, dass ursprünglich:
- das Fössebad zum Wettkampfbad werden sollte, ohne Freibad und ohne Chez Heinz (und ohne ausreichend Parkplätze weil Linden)
- in Misburg ein neues Familienspaßbad gebaut werden sollte
Richtig lustig wurde das alles erst, weil die Grünen im Stadtbezirksrat gegen die Pläne gestimmt haben, im Rat dann aber wg. Bündnisdisziplin dafür. Nachdem sogar der sPD der Gegenwind zu stark wurde, wurden erst Rohre beschlossen, sodass vielleicht NACHTRÄGLICH ein Freibad gebaut werden könnte und nachdem Klimaexperte Engelke von der FDP 2017 mit folgender Prognose
Sagt Engelke jetzt echt, dass wir kein Freibad brauchen, weil es wegen des Klimawandels im Sommer eh viel mehr regnen wird und man dann kaum noch ein Freibad braucht? Weil regnet ja immer. Supi, Geld gespart! #DankeKlimawandel Engelke ist wohl auch #TeamGlashalbvoll
— Die FRAKTION (@DieFRAKTION_H) September 28, 2017
dann doch ziemlich daneben lag, wurde jetzt eben, drei Rekordsommer später, das Freibad beschlossen. HURRA!
Weiter geht’s:
Die Ampel möchte, dass die Stadt Hannovsie als Arbeitgeberin das Fahrradfahren für Beschäftigte attraktiver macht, aber unser Lieblings CDU-ler Emmelmann:
hat ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass dieser Antrag eigentlich nur ein copy paste Antrag>> aus dem Jahr 2008 (!) ist.
Wir vergleichen mal:
Antrag Nr. 0980/2020: Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der FDP zur Förderung Radfahren von Beschäftigten |
Antrag Nr. 1764/2008: |
---|---|
Die Verwaltung wird beauftragt, Maßnahmen zur Förderung des Radfahrens von städtischen Beschäftigten zu ihrer Arbeit zu prüfen wie z. B. | Die Stadtverwaltung wird beauftragt, im Rahmen des Projektes ÖKOPROFIT einen Wettbewerb „Fahrradfreundlichster Arbeitgeber in Hannover“ auszuloben. (…) Maßnahmen für radfahrende MitarbeiterInnen könnten z.B. sein: |
– Werbung für die Nutzung von Rädern für den Weg zur Arbeit und auch zu Dienstzwecken, | – Motivierungsmaßnahmen zur Radnutzung, |
– Angebot von Ladeinfrastruktur für Elektro-Räder, | – Verbesserung der bestehenden Infrastruktur, |
– Bereitstellung von Serviceangeboten, | |
– Fördermöglichkeiten durch das Land, den Bund und die EU | – Kilometergeld für RadlerInnen, |
– (finanzielles) Sponsoring der radelnden MitarbeiterInnen, | |
– Angebot von Duschen, | – Umkleideräume, Duschen, |
– Verbesserung von Radabstellmöglichkeiten, | – oder diebstahlsichere und wetterfeste Radabstellanlagen |
– Berücksichtigung von sicheren Radabstellmöglichkeiten bei Neuanmietungen und Neubauten, | |
– die Beschaffung weiterer Fahrräder oder Teilnahme an Dienstrad-Leasingmodellen, E-Räder und E-Lastenräder für Dienstzwecke, | |
– eine Reparaturwerkstatt, |
Das war es auch schon mit den normalen Anträgen, denn im Anschluss wird nur noch die Diskussion um die diversen Dringlichkeitsanträge gezeigt.
Hier geht es um die Resolution für Yüksel Weßling und Olli Förste spricht >> . Wer mehr über den Fall wissen möchte, klicke hier >>.
Rechts-außen Wruck von den Hannoveranern ist für die Resolution, stimmt aber wie üblich nicht ab >>, weil er nicht gefragt wurde, ob er mit auf dem Antrag stehen möchte.
Kommen wir zu den Dringlichkeitsanträgen zum Thema Obdachlosigkeit. Hier spricht Julian zu unserem Antrag >> in dem eigentlich nur Dinge stehen, die eigentlich ja schon alle wollen. Lustigerweise ist es ja so, dass tatsächlich jede Fraktion sich auf die Fahne schreibt, den Obdachlosen helfen zu wollen und seit Onay OB ist, kritisiert sogar die sPD die Verwaltung. Trotzdem ist es so, dass niemand einen gemeinsamen Antrag machen wollte, deswegen fuhr die CDU mit zwei eigenen Dringlichkeitsanträgen auf, die Linke kam mit ihrem Dringlichkeitsantrag einen halben Monat zu spät >> , die FDP macht nix, weil ja die Gefahr besteht, dass man aus Versehen auch Osteuropäern helfen könnten, die Grünen kriegen die Infos vom OB und wissen deshalb eh besser als die anderen, was geplant ist und die sPD hat generell wenig Ideen.
Die FDP in Form von Döring >> (eine weitere Kleinstpartei im Rat übrigens, die sitzen dort nur mit 3 Männern) erklärt daraufhin, wieso das alles ja nicht so einfach ist. Aber erst, nachdem er sich über den empörten Julian empört. Doch eins nach dem anderen, er sagt:
- es gibt nicht DEN Obdachlosen (Spoiler: es gibt deutsche Obdachlose und gute europäische und schlechte europäische Obdachlose )
- es gibt in Hannover Menschen, die Zugang zum Sozialsystem haben, die sich aber warum auch immer nicht unterbringen lassen wollen
- es gibt in Hannover Menschen, die nach geltendem europäischen und deutschem Recht keinen Zugang zu Sozialleistungen haben und „nur“ notuntergebracht werden dürfen
- wenn man die jetzt den ganzen Tag über unterbringen würde >> (also die Personen, die in Deutschland keine Sozialleistungen erhalten dürfen), und das dazu führen würde, dass sich Ansprüche auf Sozialleistungen ergäben, das wären ja massive finanzielle Folgen für Stadt und Region. Und darüber muss man ja wohl mal reden!
- wenn es dazu käme >>, dann würde sich das „in diesen Kreisen auch rumsprechen“
- wenn Schweinebauern und Spargelstecher also in Hannover besser untergebracht werden als in Oldenburg >>, „dann spricht sich das auch rum“
- da muss echt auf das Gemeinwohl schauen
- Hilfe kriegen diejenigen, denen Hilfe zusteht >> aber nicht bloß nicht die, die aus guten Gründen keine Zugang zum deutschen Sozialsystem haben, nur um dann Ansprüche zu schaffen
Aber wie ist das denn nun mit den Ansprüchen?
Die Rechtsprechung des BSG ist durch die gesetzliche Neuregelung überholt. Nach den seit dem 29. Dezember 2016 gültigen Vorschriften sind EU-Ausländer, die nicht bereits in Deutschland arbeiten oder gearbeitet haben, für die ersten fünf Jahre von Sozialleistungen ausgeschlossen. Die Fünfjahresfrist beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde.
Quelle „Sachstand Einzelfragen zu EU Ausländern“ bundestag.de >>
Es gibt eine Ausnahme, und zwar:
Die Richter urteilten, dass Wanderarbeitnehmern trotz Jobverlust aufgrund des Schulbesuchs der Kinder ein Aufenthaltsrecht zustünde. Die Kinder hätten dieses Recht zwar ursprünglich aus dem des arbeitenden Elternteils abgeleitet. Es erstarke jedoch durch den Schulbesuch zum eigenen Vollrecht und bleibe auch bei Verlust der Arbeitnehmereigenschaft der Eltern bestehen.
Die Eltern wiederum können dann ihr Aufenthaltsrecht von ihren Kindern ableiten und Sozialleitungen beziehen. Das sei auf das Recht auf Gleichbehandlung mit Inländern zurückzuführen und verhindere, dass Kinder von EU-Bürgern bei Jobverlust der Eltern den Schulbesuch unterbrechen und in die Heimat zurückkehren müssten.
Quelle „Arbeitslose EU-Bürger haben Anspruch auf Sozialleistungen“
Die Grünen geben plötzlich zu, dass sie in den letzten Jahren gar nicht genug getan haben und dem Thema nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt haben >> und AUCH DIESES Schuldeingeständnis wurde natürlich wieder medial nicht beachtet (vielleicht hilft es ja, das bald gestreamt wird).
Kelich von der sPD meckert, dass die Anträge der CDU je herrlich unkonkret seien >>. Das kann die sPD als Königin der unkonkreten Anträge natürlich nicht auf sich sitzen lassen (Beispiele hier im Blog (sicherer Hafen >> oder hier im Änderungsantrag zur Klimakrise, von den Grünen als Erfolg gelobt aber irgendwie auch so gar nicht konkret:
Jetzt spricht endlich der OB! Er bedankt sich auch nochmal für die ruhigen Wortbeiträge (aber nur für die) und stellt klar, dass es die Unterbringungen, die es gibt, halt gibt, weil der Rat sie so beschlossen hat. Dann erklärt er nochmal das Gesetz von Nahles aus der GroKo 2016 (Osterweiterung EU, Wirtschaftsflüchtlinge und so) , welches ja dazu geführt hat, dass EU Bürger keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben >> und dementsprechend ohne festen Job komplett durchs soziale Netz fallen. Und er sagt, klar in Richtung der sPD>>, wer jetzt von sozialer Kälte spreche
sollte sich mal an die eigene Nase fassen und überlegen, was er die letzten Jahre so gemacht hat, siehe die letzte Satzung aus dem Januar 2020, dessen Drucksachennummer er nochmal extra erwähnt (DS 3321/2019>>). MIAU! Onay sagt das aber alles total ruhig und emotionslos, deswegen meckert auch nachher niemand, und alle bedanken sich weiterhin für die tolle sachliche Diskussion und die konstruktiven Vorschläge.
Klippert bedankt sich daraufhin für das Tone Policing >> und Olli Förste führt aus >>, dass wenn die Unterkünfte so toll wären, die Leute dort gerne unterkommen würden, anstatt auf der Straße zu schlafen.
Unterbrochen wurde die Ratssitzung um 17 Uhr, wir stellen die aktuelle Stunde aber ans Ende. Das Thema der aktuellen Stunde war „Durch mehr Sicherheit und Sauberkeit Hannover attraktiver für Einwohner und Besucher machen“. Die Highlights:
Antragsteller „Die Hannoveraner“ sehen die Innenstadt verelendet und verwahrlost PLUS (Zitat) >>: „Denn bereits tagsüber ist die Stadt teilweise eine Zumutung. Richtig übel wird die Situation allerdings dann, wenn die Dämmerung hereinbricht und die Geschäfte schließen. Dann (so scheint es zumindest), ist die Innenstadt offenbar fest in der Hand von Dealern und anderen Kriminellen. Und über all dem liegt der fatale Schatten der Duldung dieser Zustände durch die Verantwortlichen.“
Gast von den Grünen hält daraufhin einen unglaublich langweiligen Vortrag>>, baut aber noch ein wenig Werbung für die autofreie Innenstadt ein >>.
Auf die AfD möchten wir gar nicht so sehr eingehen, vor allem ist es auch nichts wirklich neues. Ziemlich off topic wird von der linken Gewalt beim G20 Gipfel >> gefaselt und wie die Politik dem Ansehen der Polizei schadet, die Fake News, dass George Floyd ein verurteilter Straftäter sei >> wird verbreitet (scheint dann wohl weniger schlimm zu sein, dass die Polizei ihn getötet hat) und dann erzürnt sich AfD Kommissar Karger auch noch über Saskia Esken, die gesagt haben soll, dass die Polizei ein strukturiertes Rassismusproblem habe!
Dann wirds endlich gut, denn Julian spricht >> unter anderem über eines unserer nächsten Wahlkampfforderungen: die innenfreie Autostadt!
Das schlimmste kommt hier dieses Mal am Schluss: der oben bereits erwähnte fraktionslose Ratsherr Braune findet es total schade, dass sich bisher keine Frauen zu dem Thema zu Wort gemeldet haben >>. Schließlich sei die Meinung der Frauen der sPD und der Grünen gerade beim Thema Sicherheit ja sehr interessant. Aha. Dann basht er noch Adams (Pirat) vorherigen Vergleich >> mit der Dreifaltigkeit und findet das geschmacklos und RESPEKTLOS. Braune ist übrigens auch der Ratsherr, der OB Belit Onay (btw ein bekennender Muslim) zur Einführung in das Amt eine BIBEL geschenkt hat. EINE BIBEL. Seine Schwurbelei lassen wir hier mal außen vor, am Ende widmet er seine verbleibenden zwei Minuten den Frauen im Rat, sodass sie sich endlich zum Thema innere Sicherheit äußern mögen >>. Im Rat darf man aber nur Bibeln an Muslime verschenken, keine Redezeit. Schade!